Für die Großübung der Nachwuchskräfte mimen die Anfänger die Opfer


Quelle: Höchster Kreisblatt - Jul 17, 2006

Flörsheim. Feuerwehrmann zu sein, kann auch langweilig sein. Klar habe er schon mal Wasser gespritzt, erzählt Thimo, aber noch nie bei einer solch großen Übung. Der zehn Jahre alte Feuerwehrnachwuchs steht am Ende des Schlauches, der mit Wasser aus dem Hydranten schon voll gelaufen ist. Thimo müsste nur noch den Hebel umlegen, um den „Brand“ löschen zu können. Das ist verlockend. Aber der Junge wartet diszipliniert auf das Zeichen. „Wir haben keinen Zeitdruck“, erklärt Oliver Renard, einer der echten Florians-Jünger, die beim Großeinsatz der Jugendfeuerwehren und des Jugendrotkreuzes aus Flörsheim, Weilbach, Wicker, Hochheim, Massenheim und Eddersheim nach dem Rechten schauen. „Die Kinder sollen die Abläufe erkennen und die richtigen Entscheidungen treffen“, sagt Stadtjugendfeuerwehrwart Renard. Relativ unspektakulär läuft die Übung deswegen ab. Nachdem das erste Feuerwehrauto aus Flörsheim mit Blaulicht und Martinshorn auf das Gelände der Mitsubishi-Kredit-Gesellschaft im Gewerbegebiet eingefahren war, sprangen die ersten der 100 teilnehmenden Mitglieder der Nachwuchs-Wehren nicht etwa aus dem Fahrzeug und rannten los, sondern stellten sich erst ordentlich in Reih’ und Glied auf, um Instruktionen vom Gruppenführer abzuwarten. „Es hilft nichts, wenn alle gleich ins Gebäude stürmen und dann die Decke zusammenbricht“, verdeutlicht Renard. Also: Erst die Lage erkunden, dann systematisch vorgehen. Für die Flörsheimer, Wickerer, Hochheimer und Massenheimer heißt das: Menschen retten – entweder in der Tiefgarage, den zwei Obergeschossen beziehungsweise auf dem Dach des mehrgeschossigen Bürogebäudes oder per so genanntem „Außenangriff“ im Erdgeschoss.

„Verletzte“ gibt es deren zehn. Zumeist sehr junge Leidtragende werden geborgen, herausgeführt oder geschleppt. Die Anfänger mimen die Opfer, denn in den bestenfalls sieben Jahren als Nachwuchsfeuerwehrmann (bis zum 18. Geburtstag) wird es noch genügend Möglichkeiten geben, bei der jährlichen Großübung mit auszurücken. Die 20 Einsatzkräfte der Jugendrotkreuzler haben derweil auf Anleitung von Thomas Wittekind eine Versorgungsstation installiert. In einem provisorischen Zelt werden die Geretteten verarztet, die zuvor zwei Stunden lang geschminkt worden sind, um möglichst authentisch zu wirken. Die Weilbacher Jugendwehr kümmert sich zwischenzeitlich um das Abriegeln der benachbarten Gaststation und die Eddersheimer bauen die Wasserversorgung auf. Oliver Renard räumt ein, dass es schon aufregendere Einsätze gegeben habe, mit echten Explosionen dank Pyrotechnikern. Aber man müsse auch Rücksicht auf die Firma nehmen, die dankenswerterweise ihr Gelände zur Verfügung gestellt habe. Mit der Zeit werde es nämlich schwierig, in den beteiligten Kommunen neue Einsatzorte zu finden. Noch mehr Jugendwehren aus den umliegenden Städten hätten sich gerne beteiligt. Das würde den Rahmen aber sprengen, deshalb habe die Feuerwehr laut Renard Absagen erteilen müssen.

Als der letzte Schwerverletzte auf der Trage aus dem Fenster gerutscht ist, wird Thimo endlich für seine Geduld belohnt. Schnell noch das Fenster schließen und „Wasser marsch“, direkt an die Hauswand. Spaß hat es den Kindern gemacht, die Ernstfälle treten noch früh genug ein. (rem)

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